Ha Giang Loop: Vietnam- & Weltreise-Highlight
Der Ha Giang Loop im hohen Norden Vietnams hat uns unglaublich begeistert und noch immer fällt es mir schwer, die richtigen Worte für diese eindrucksvollen Tage zu finden. Zwischen schier endlosen Berggipfeln, Reisterrassen, einsamen Bauerndörfern und der tiefsten Schlucht Südostasiens haben wir eine einzigartige Landschaft und eine beeindruckende Kultur kennengelernt. So tief in die Kultur eines Landes einzutauchen, ist heutzutage gar nicht mehr so einfach. Der Ha Giang Loop hat uns einen authentischen Einblick in das Leben der Locals vermittelt und uns nicht nur deswegen tief beeindruckt.
Dieser Blogbeitrag über den Ha Giang Loop wird kein klassischer Reisebericht á la „Tag 1, Tag 2, Tag3…“, sondern eine Schilderung, wie wir diese drei Tage wahrgenommen haben, um unsere Eindrücke zu verarbeiten. Das fällt wirklich nicht so leicht!
Vorweg dennoch ein paar Fakten zum Ha Giang Loop:
- Der Ha Giang Loop ist eine Straße, die sich durch vier Regionen im hohen Norden Vietnams zieht und seit ihrer Errichtung in den 1950-er Jahren zahlreiche ländliche Dörfer und Regionen miteinander verbindet. Daher wird sie auch „Happiness Road“ genannt. Der Bau der Straße dauerte 6 Jahre, wurde fast ausschließlich durch Menschen-/Pferdekraft verrichtet und kostete 14 Menschenleben.
- Seit einigen Jahren gewinnt der Ha Giang Loop als eindrucksvolle Motorradstrecke an touristischer Bedeutung und so haben auch wir uns auf dieses Abenteuer begeben.
- Wir haben auf Empfehlung eine Tour über Mr. Hung Travel gebucht und können diesen Anbieter wärmstens empfehlen. Ausführliche Informationen im nächsten Abschnitt.
- Tag 1: 155 km (Ha Giang - Dong Van), Tag 2: 90 km (Dong Van - chinesische Grenze - Meo Vac), Tag 3: 150 km (Meo Vac - durch die Chao Bang Provinz - Ha Giang).
Organisation durch "Mr. Hung Travel"
Von anderen Reisenden wurde uns bei einem Kochkurs in Hoi An von dem Unternehmen Mr. Hung Travel berichtet, über dieses sie den Ha Giang Loop gemacht haben.
Wir hatten einen sehr netten und gut englisch sprechenden Guide sowie nette Fahrer (die nur vietnamesisch sprechen) und haben uns zu jedem Zeitpunkt sicher und gut aufgehoben gefühlt. Kosten: 220 USD p.P. inkl. Hotels, Fahrer, Verpflegung, Sicherheitsausrüstung & einer Vorab-Übernachtung in Ha Giang. Exklusive Getränke & Trinkgelder.
Über den Anbieter haben wir außerdem die Busfahrt von Hanoi (ca. 7h, 15 USD p.P.) sowie Busfahrt nach Sa Pa (ca. 6h, 15 USD p.P.) gebucht, beide Busfahrten waren sehr gut organisiert.
Die über Mr Hung gebuchten Unterkünfte und Restaurants entlang des Ha Giang Loops waren super, besser hätten wir es wirklich nicht antreffen können!
Selber fahren? Straßenverhältnisse auf dem Ha Giang Loop
Im Vorhinein unserer Vietnam Reise habe ich sehr viele Blogbeiträge zum Ha Giang Loop gelesen und einige Reisende empfehlen, selber zu fahren. Dadurch hat man natürlich die volle Flexibilität und spart viel Geld. ABER: Für den Ha Giang Loop brauchst du erstens einen richtigen Motorrad-Führerschein und zweitens solltest du viel Motorrad-Erfahrung haben! Die Straßenverhältnisse sind zwar überraschend gut, dennoch gibt es viele enge Kurven und Busse/LKW/Autos fahren mit ziemlich hohem Tempo über die Straßen. Außerdem sollte man sich auf plötzlich auftauchende Wasserbüffel, Hühner oder Kinder sowie teils unbefestigte Straßen gefasst machen. Unser Guide erzählte uns auf die Frage, wie viele Unfälle es denn hier so gibt, dass die meisten Unfälle unerfahrenen Touristen passieren (irgendwie klar, oder?).
Wer maximale Flexibilität und Sicherheit möchte, bucht am besten so wie wir eine private Tour mit einem „easy rider“, also erfahrnem Motorradfahrer. Wir haben viele größere Gruppen gesehen (ca. 15-20 Motorräder), da hält man natürlich nicht mal so eben an. Außerdem essen die Fahrer dann separat von der Gruppe und der schöne Kontakt von Reisenden und Locals bleibt aus.
In das local life eintauchen
In Vietnam gibt es 54 ethnische Gruppen, davon leben 15 in der Ha Giang Region. Wir haben die Hmong kennengelernt, die seit Jahrhunderten in dieser Gegend leben und ihre Farmen betreiben. In einem (etwas touristischen, aber trotzdem authentischen) Projekt haben wir gesehen, wie die Hmong-Frauen aus Hanf-Pflanzen Kleidung/Kissen/Taschen etc. herstellen. Vom Ernten der Pflanze über Auftrennen, Wässerung, Trocknung, Weben bis hin zum fertigen Produkt vergeht über ein Jahr! Besonders fasziniert hat mich eine 96 Jahre alte Dame, die mit einer unglaublichen Ruhe per Hand mit Bienenwachs Muster auf die Kissen zeichnete. Was für ein Knochenjob, den die Menschen hier verrichten, und trotzdem haben sie auf uns einen sehr zufriedenen Eindruck gemacht.
Die Besitzerin zeigte uns stolz einen Artikel, laut dem sie 2017 vom Magazin Forbes mit ihrem Projekt als eine der „heldenhaftesten Frauen in Vietnam im Jahr 2017“ ausgezeichnet wurde. Die Forbes Auszeichnung umfasst Frauen, die in verschiedenen Bereichen Pionierarbeit leisten, von Politikern, Geschäftsleuten, Geschäftsführern, Diplomaten, Forschern, sozialen Aktivitäten, Bildung und Ausbildung, Unterhaltung und Sport. Sie bringt den Reisenden ihre Kultur auf eine eindrucksvolle Art und Weise näher, das traditionelle Handwerk wird erhalten und mit ihrem Projekt hat sie für viele Frauen Arbeit geschaffen, wodurch sie ihre Familien ernähren können.
„Please don’t give money to the children!“
..wurde uns bereits vor dem Antritt des Ha Giang Loops von unserem Guide gesagt und wir verstanden während der drei Tage auch, wieso. Viele 4 – 7 jährige Mädchen stehen hübsch zurecht gemacht, teilweise sogar geschminkt, in traditionellen Gewändern an berühmten Aussichtsspots. Fotografieren Reisende sie, erhalten sie dafür ein paar vietnamesische Dong. So hatte es ursprünglich mal angefangen, als Kinder in ihrer Freizeit nach der Schule ein bisschen für die Familie dazu verdient haben. Mittlerweile werden viele Kinder allerdings von ihren Eltern aus der Schule genommen, um Geld mit ihren Fotos zu verdienen. Katastrophale Auswirkungen, denn so wird immer mehr Kindern der Zugang zur so unfassbar wichtigen Bildung verwehrt.
Dieser Punkt ist mir wirklich wichtig, denn hier können wir selbst entscheiden, ob wir diesem Vorgehen einen Boden bieten, oder nicht. Das Geld, das wir den Kindern geben, schadet ihnen letztendlich. Es führt dazu, dass sie immer weiter (und immer mehr Kinder) vom Zugang zu Bildung ferngehalten werden! Bitte, bitte: überlege dir immer, ob dein Geld den Locals wirklich nützt, oder ihre Probleme (ungewollt) verschlimmert. In vielen Ländern ist Kinderarbeit leider ganz normal und wir als Reisende können nichts bis wenig dagegen unternehmen. Hier haben wir aber die Wahl und können einen Unterschied machen!
Durch Haarnadelkurven und eindrucksvolle Schluchten des Ha Giang Loops
Die Landschaft des Ha Giang Loops ist atemberaubend schön und jeden Tag aufs Neue haben wir an zahlreichen Aussichtspunkten gestanden und gestaunt. Die engen Kurven und Bergpassagen sind nichts für Anfänger und wir waren sehr froh, die erfahrenen Fahrer von Mr. Hung Travel zu haben. So konnten wir die Fahrt in vollen Zügen genießen und auch währenddessen die Ausblicke auf die Landschaft aufsaugen.
Ein Highlight war die ca. 800 Meter tiefe Tu San Schlucht, die die tiefste Schlucht Südostasiens ist. Der Fluss ist zur Stromerzeugung durch einen Staudamm aufgestaut worden und schlängelt sich durch die tiefe Schlucht. Zu sehen, dass selbst an diesen steilen Hängen Häuser stehen, hat uns tief beeindruckt. Wie schlicht und abseits der Zivilisation manche Menschen leben!
Die vietnamesische Kultur erleben
Außerdem haben wir von unserem Guide wertvolle Informationen zur vietnamesischen Kultur und Geschichte erhalten. Wusstest du zum Beispiel, dass die vietnamesische Sprache eine Mischung aus alten Begriffen, chinesisch und französisch ist?
Das lässt sich darauf zurückführen, dass Vietnam ein Land ist, was erst seit wenigen Jahren auf eigenen Beinen steht. Wurde es seit Jahrhunderten von China kontrolliert, folgte eine Besatzungsepisode durch Japan, Frankreich und schließlich die USA. Seit dem Ende des Vietnam-Kriegs 1975 erholt sich das Land von den blutigen Auseinandersetzungen, die viele Vietnamesen, denen wir während unserer Reise begegnen, direkt oder indirekt miterlebt haben. Kulturgüter wurden zerstört, Familien zerrissen, Menschen sind aus dem Land geflohen. Die Wirtschaft erholt sich so langsam und der Tourismus trägt einen wichtigen Teil dazu bei.
Für mich hat Kultur außerdem viel mit dem Essen zu tun: Was wird gegessen? Wie wird gegessen? Wie essen die Locals? In Vietnam wird grundsätzlich morgens, mittags und abends fast das Gleiche gegessen. Meistens werden verschiedene Gerichte bestellt, die in der Tischmitte stehen und geteilt werden. Frühlingsrollen, mariniertes Gemüse, Tofu in Tomatensauce, Papaya-Salat, Wasserspinat mit Knoblauch, gesalzene Erdnüsse, mariniertes Fleisch und und und. Gekochter Reis darf natürlich auch nicht fehlen. Es ist alles so lecker! Als Absacker wird „happy water“ getrunken, selbst gebrannter Reiswein – und der ist im wahrsten Sinne des Wortes Geschmacksache… 😀
Ha Giang Loop bis zur chinesischen Grenze
Dass ich in meinem Leben mal SO NAH an China herankomme, hätte ich nie gedacht. China ist einfach ein eindrucksvolles, verwirrendes, überwältigendes Land, und für mich gedanklich wirklich am anderen Ende der Welt. Umso überwältigender war es, den Grenzzaun zu China zu sehen und zu wissen: „der Berg dahinten, das ist schon China.“! Unser Guide erzählte uns, dass China die gesamte Grenze zwischen Vietnam und China mit einem ca. 3m hohen elektrischen Zaun und Grenzposten versehen hat, mit dem Argument, dass man das Land vor Covid schützen wolle. Für die Landbevölkerung, die in der Nähe der Grenze wohnt, hat dies enorme Auswirkungen: Familien wurden getrennt, die seit Jahrhunderten auf beiden Seiten der Grenze leben. Bauern können nun nicht mehr mit „den Nachbarn“ handeln und haben mit den Folgen zu kämpfen. Für die Bevölkerung auf beiden Seiten der Grenze ist die Errichtung des Zaunes überhaupt nicht nachvollziehbar und auch uns hat es sprachlos gemacht, so etwas zu hören.
Ha Giang Loop: Lifetime Memories
3 Tage und 395 Kilometer auf dem Motorrad durch den hohen Norden Vietnams bis an die chinesische Grenze. Das vielleicht größte Abenteuer unserer Weltreise! Sprachlos und überwältigt von der Schönheit der Landschaft, der Einfachheit des Lebens dort und der Möglichkeit, diese Region bereisen zu dürfen, blicken wir auf diese Erfahrung zurück. Zum Ende der Tour hin haben uns zwar alle möglichen Knochen vom Sitzen auf dem Motorrad weh getan, aber es hat sich zu 100% gelohnt. Der Ha Giang Loop im Norden Vietnams wird uns als einzigartige Erfahrung in Erinnerung bleiben und das Gefühl, das ich während der drei Tage hatte, werde ich immer im Herzen behalten.